Der griechische Staat nutzt die Corona-Ausgangssperre, um eine selbstverwaltete Seifenfabrik zu stürmen und ihr den Strom abzudrehen. Als Krisengeschenk an die Eigentümer*innen.
Seit zwei Wochen haben sie keinen Strom mehr. Am 30. März unterbrach der staatliche Stromversorger DIE um 6.30 Uhr, mit Unterstützung zweier Teams der griechischen Bereitschaftspolizei, den Strom in der selbstverwalteten Genossenschaftsfabrik Vio.Me. Inmitten einer Pandemie ein Ausdruck davon, für wessen Interessen der Staat eintritt.
Denn die Eigentümerfamilie Filippou will das Fabrikgelände meistbietend verkaufen. Und das schon seit mehreren Jahren. Alles, was ihr im Wege steht, sind die Arbeiter*innen auf dem Fabrikgelände. Sie haben die Zugänge verbarrikadiert und kämpfen sowohl juristisch als auch politisch gegen den Verkauf ihrer Arbeitsplätze.
Im Zuge der Finanzkrise 2008 war der Mutterkonzern von Vio.Me (Viomichaniki Metalleftiki), die Filkeram AG, in die roten Zahlen gekommen und sollte geschlossen werden. Für hunderte Arbeiter*innen bedeutete das die Arbeitslosigkeit. Dreißig Arbeiter*innen wehrten sich gegen die Schließung. Sie besetzten das Betriebsgelände, stellten die Produktion um und produzieren nun seit 2013 in Eigenregie Seifen und Reinigungsmittel auf ökologischer Grundlage. Die Produkte verkaufen sie zum Produktionspreis, den sie auf Basis ihrer Planung zum Erhalt der Lebensgrundlage aller Arbeiter*innen der Fabrik errechnen. Ein bemerkenswerter Kampf in einer ehemals pulsierenden Industrieregion, die mittlerweile kaum noch produziert. Wohin man schaut, stehen alte Fabrikgebäude leer und sind Betrieb geschlossen. Vio.Me produziert aber immer noch.
In einer Erklärung auf ihrer Webseite schreiben die Arbeiter*innen von Vio.Me:
Sie haben den Strom unter dem Vorwand abgeschaltet, dass wir illegal seien. Wir werden euch das Verbrechen verraten, das wir in den letzten Wochen seit Beginn der Pandemie begangen haben. Wir haben Seifen hergestellt, um sie nach Moria zu schicken, an Leute, die keine haben. Wir haben Reinigungsmittel für Gefängnisse, die der Staat der Pandemie ausgeliefert hat, produziert. Und natürlich haben wir weiterhin Reinigungsmittel hergestellt, um Familien der ärmsten sozialen Schichten zu beliefern, die eigentlich vor dem Virus kaum geschützt werden, denn sie müssen in eng zusammengepferchten Produktionsstätten für die Profite der Arbeitgeber schuften.
Um die Seifenproduktion nun weiter aufrecht zu erhalten, ist die Stromversorgung des Geländes elementar. Zwar hat sich die Polizei wieder zurückgezogen, aber die Lage ist weiter angespannt. Mehrere Verhandlungsrunden zum Verkauf des Geländes sind ergebnislos beendet worden. Mit der sich anbahnenden Wirtschaftskrise werden die Eigentümer*innen wohl nervös und erhöhen mit Hilfe der Exekutive den Druck auf die Arbeiter*innen. Gegenüber dem nD äußerte sich Makis Anagnostou, Mitglied des Projekts und Vertreter der Betriebsgewerkschaft von Vio.Me: „Inmitten der Krise finden vermehrt Angriffe auf Arbeiterrechte statt und diese Intervention im Morgengrauen erinnert an Aktionen aus Zeiten der Militärdiktatur.“ Die Arbeiter*innen benötigen nun vorerst zum Aufrechterhalt des Betriebs Generatoren. Diese wollen sie vorerst über Spenden organisieren.
Die selbstorganisierte, ökologische Produktion von Seifen und Reinigungsmittel in Zeiten von Corona und Klimakrise zu sabotieren, um das Vermögen der Eigentümer*innen zu schützen, ist ein Verbrechen des bürgerlichen Staates gegenüber unserer Klasse. Der Angriff durch den Staat und seine Vollstrecker*innen ist ein Angriff auf proletarische Solidarität. Die Vio.Me Produkte sind für Menschen der Region überlebensnotwendig und Vio.Me zeigt uns auf, dass wir selbst in der Lage sind, im Sinne unsere Bedürfnisse zu produzieren.
Unsere Solidarität gilt unumstritten den kämpfenden Arbeiter*innen bei Vio.Me. Wir unterstützen ihre Forderung, die staatliche Stromversorgung mit einem Stromzähler auf ihren Namen mit der Steueridentifikationsnummer der SE.VIOME sofort wieder herzustellen sowie die volle Legalisierung der Fabrik für eine ungehinderte Produktion. Darüber hinaus gehört die Familie Filippou, die dieses Vorgehen von Seiten der griechischen Exekutive offenbar unterstützt und nur im eigenen Interesse agiert, enteignet und das Fabrikgelände ist an die Arbeiter*innen zu überschreiben.
https://www.klassegegenklasse.org/wie-in-der-militaerdiktatur-solidaritaet-mit-vio-me/